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Einführung von CO2-Emissionsstandards für schwere Nutzfahrzeuge

Die EU-Kommission schlägt eine zweistufige Minderung der CO2-Emissionen für die neuzugelassene Fahrzeugflotte vor. Aus Sicht der Nutzfahrzeugindustrie sind diese Minderungsziele äußerst ambitioniert und überschreiten auch mit Blick auf die Entwicklungs- und Produktlebenszyklen bei schweren Nutzfahrzeugen ein realistisch erreichbares Maß.

Die zweistufige Minderung der CO2-Emissionen um 15 Prozent bis 2025 sowie um 30 Prozent bis 2030 (bezogen auf das Basisjahr) entspricht einer Verdreifachung der bislang durchschnittlich pro Jahr erreichten kontinuierlichen Reduktion von Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen. Diese Minderungsziele sind auch mit einer raschen weiteren Optimierung der Dieseltechnologie nicht zu erreichen. Ein ambitioniertes, aber realistisches Minderungsziel liegt bei -7 Prozent (2025) bzw. -16 Prozent (2030). Gleichzeitig ist noch nicht absehbar, wann und in welchem Umfang kosteneffiziente alternative Antriebstechnologien und die dafür notwendigen Infrastrukturen tatsächlich im erforderlichen Leistungsumfang bereitstehen und von den Kunden angenommen werden.

Mehrfachanrechnung muss Anreiz für Investitionen setzen

Die EU-Kommission schlägt eine Mehrfachanrechnung von Zero- und Low-Emission-Vehicles (ZEV/ LEV) mit einem maximalen Faktor von zwei vor. Gleichzeitig soll die Zahl der so berücksichtigten Fahrzeuge auf maximal drei Prozent der von der Regulierung unmittelbar erfassten bzw. 1,5 Prozent der derzeit noch nicht erfassten Fahrzeuge (u. a. Busse, mittelschwere Nutzfahrzeuge) beschränkt werden. Dies ist kontraproduktiv und schafft kaum einen Anreiz in alternative Antriebe zu investieren.

Ein Faktor 2 für Null-Emissionsfahrzeuge ist deutlich zu gering. Er sollte sich sowohl an dem anfangs in der Pkw-Regulierung geltenden Faktor als auch jenen in anderen wichtigen Nutzfahrzeugmärkten geltenden Werten (z. B. USA) orientieren. In der US-Regulierung (2017 – 2027) gelten Faktoren von 4,5 (Batterie-Lkw) sowie 5,5 (Brennstoffzellen-Lkw). Zudem ist die Reichweite der Fahrzeuge ein entscheidendes Kriterium, die ebenfalls berücksichtigt werden sollte. Der Vorschlag der Industrie lautet daher wie folgt:

  • Faktor 5 für ZEV für mehr als 400 km Reichweite
  • Faktor 4 für ZEV für mehr als 300 km Reichweite
  • Faktor 3 für ZEV für 100 km oder mehr Reichweite, linear sinkend auf Faktor 1,5 für Fahrzeuge mit 35 Prozent oder mehr niedrigeren CO2-Emissionen

Unverständlich ist, warum die Mehrfachanrechnung derartiger Fahrzeuge insgesamt bei drei Prozent (der regulierten Fahrzeugklassen) bzw. 1,5 Prozent (der noch nicht regulierten Fahrzeugklassen) gedeckelt werden soll. Tatsächlich könnte durch eine deutlich stärkere Mehrfachanrechnung unter Berücksichtigung der Reichweite ein kraftvoller Anreiz zur raschen Elektrifizierung bzw. Einführung anderer CO2-armer Antriebstechnologien gesetzt werden, der unmittelbar zur absoluten Minderung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor beitragen kann.

Die Höhe der Strafen bei Grenzwertüberschreitung (6.800 Euro je g/ tkm) ist etwa 30 mal höher als bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Während eine einprozentige Grenzwertüberschreitung Strafzahlungen von etwa 100 Euro je Fahrzeug auslöst, liegt dieser Wert bei schweren Nutzfahrzeugen bei etwa 3.000 Euro. Zudem lässt der alleinige Fokus auf Effizienzmaßnahmen in der Regulierung alternative Kraftstoffe völlig außen vor. Gerade hier ist aber ein sehr großes Potenzial. Insofern ist zumindest im kommenden Review-Prozess zu berücksichtigen, wie Kraftstoff¬potenziale integriert werden können. Synthetische Kraftstoffe basierend auf erneuerbarem Strom („e-fuels“) oder Biomasse sind in der Herstellung CO2-neutral und könnten optional angerechnet werden. Für einen benötigten Markthochlauf bis 2030 der heute bisher nur in Pilotanlagen produzierten Kraftstoffe sind jetzt die richtigen politischen Signale zu setzen.