Industriestrategie vergisst Mittelstand – Eine kritische Bewertung

Mittelstandspolitische Kante zeigt der BDI in der Diskussion zur „Nationalen Industriestrategie 2030“. Der standorttreue Mittelstand ist bislang unterbelichtet. Kaum zu glauben – denn der Erfolg des deutschen Wirtschaftssystems beruht nicht zuletzt auf fairer und nachhaltiger Zusammenarbeit von kleinen und mittleren Unternehmen mit großen Konzernen in belastbaren Wertschöpfungsverbünden.

Trotz mancher positiven Punkte im Entwurf zur „Nationalen Industriestrategie 2030“ (NIS) sind viele Unternehmen enttäuscht. Denn Bundesminister Peter Altmaier und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie übersehen bislang die Bedeutung des Mittelstands für den Standort Deutschland.

Dabei beruht der Erfolg des deutschen Wirtschaftssystems seit Wirtschaftswunderzeiten nicht zuletzt auf dem Zusammenspiel von kleinen und mittleren, auch international erfolgreichen Unternehmen mit großen Konzernen. Nicht zuletzt machen faire und belastbare Wertschöpfungsverbünde die deutsche Industrie zu Hause und auf den Weltmärkten stark und widerstandsfähig. Wer das weiß, versteht, warum Deutschland viel besser aus der letzten Wirtschaftskrise hervorgegangen ist, als andere Länder.

Grundsätzlich greift die Analyse im Entwurf zur NIS die außenwirtschaftlichen Fehlentwicklungen durch industrie- und handelspolitische Verzerrungen und Protektionismus im Handel und bei Investitionen in aller Klarheit auf. Allein die abgeleiteten Schlussfolgerungen überzeugen nicht wirklich. Entsprechend betont BDI-Präsident Kempf: „Es wäre falsch, die fehlgeleitete Renationalisierungspolitik anderer Länder auch nur in Ansätzen zu kopieren. Das würde den gefährlichen Trend zu Protektionismus und Abschottung beschleunigen. Aus dem industriellen und technologischen Potenzial Deutschlands ergibt sich, dass wir Anwalt einer europäischen, regelbasierten, offenen und wachsamen Politik sein müssen.“

Gleichzeitig gilt es, die hausgemachten Schwächen in Deutschland zu beheben. Einige davon sind aus Sicht des standorttreuen Mittelstands schnell benannt:

  • zu hohe und weiter steigende Energiepreise,
  • zu hohe Steuerbelastung,
  • allzu dichte und weiterwachsende Bürokratie,
  • zu geringer Auf- und Ausbau sowie schleppende Erneuerung von Infrastruktur,
  • mangelhafte Förderung ländlicher Regionen und
  • fehlende Fachkräfte.

Zu diesen Herausforderungen bietet die NIS keine wirkliche Antwort. Unternehmen warten weiter auf gezielte politische Flankierung. Nur wenn attraktive Rahmenbedingungen in Deutschland und der EU ihre – auch internationale – Wettbewerbsfähigkeit wieder stärkt, können Mittelstand und Familienunternehmen weiter Wachstumsmotor, Stabilitätsanker und Arbeitsplatzgarant sein.

Minister Altmaier wäre gut beraten, die Industriestrategie zügig und zielgerichtet zu ergänzen. Eine Mittelstandsstrategie hat der Minister angekündigt – öffentlich im März 2018. Danach gabs für den Mittelstand allerhand Stückwerk – aber leider keine Strategie.