Wer Produkte länger nutzt, spart damit Ressourcen

Die Verfügbarkeit von primären und sekundären Rohstoffen ist die Grundlage für die industrielle Wertschöpfung und damit für Beschäftigung, Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Europa. Die Europäische Union steht vor der Aufgabe, eine funktionierende Kreislaufwirtschaft weiter zu fördern.

 

Die Europäische Kommission hat im Dezember 2015 Vorschläge zur Kreislaufwirtschaft vorgelegt. Das Paket besteht aus einem allgemeinen Aktionsplan sowie Vorschlägen zur Änderung einer Reihe von Abfallrichtlinien. Damit möchte die Europäische Kommission die Themen Produktdesign, Ressourceneffizienz und Ressourcenschonung sowie Abfall und Recycling unter dem Dach der „circular economy“ zusammenführen.

Der BDI unterstützt grundsätzlich den Ansatz einer Lebenszyklusbetrachtung. Dabei liegen die größten Potenziale zum Schutz und zur Einsparung von Ressourcen oft in der Nutzungsphase hergestellter Produkte. Um Innovationen und Weiterentwicklung nicht zu gefährden, ist aber auf Freiwilligkeit innerhalb der Wertschöpfungskette zu setzen. In diesem Sinne kommt es auf eine ganzheitliche Betrachtung an, die statt einer Fokussierung auf Abfallrecht und Ressourceneffizienz den gesamten Nachhaltigkeitsansatz verfolgt und so zum Beispiel auch Vorteile durch Produktanwendungen berücksichtigt.

Auf einheitliche Umsetzung europäischen Rechts kommt es an

Bisher ist es noch nicht gelungen, das europäische Umweltrecht in allen EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen umzusetzen. Unterschiedliche Ausgestaltungen der europäischen Vorgaben in den Mitgliedstaaten sowie der zum Teil sehr unterschiedlich ausgeprägte Vollzug bedeuten Verzerrungen der Wettbewerbsbedingungen. Dies ist in einem europäischen Binnenmarkt, der künftig noch stärker auf Sekundärrohstoffe ausgerichtet sein wird, nicht akzeptabel. Bei der Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft kommt es deshalb vorrangig auf die einheitliche Umsetzung europäischen Rechts und einen effektiven Vollzug an.  

Die Industrie setzt sich für eine hochwertige, effiziente, sichere und bezahlbare Abfallentsorgung ein. Für die Abfallwirtschaft in der EU müssen – unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten – die folgenden Aspekte maßgebend sein:

  • Umweltschutz: durch Nutzung der am besten verfügbaren Technologien und Infrastrukturen für die jeweiligen Abfallströme
  • Kosteneffizienz: durch moderne und bezahlbare Standards bei der Abfallentsorgung  
  • Versorgungssicherheit: durch Nutzung heimischer Rohstoffe, Sekundärmaterialien und energetischer Abfallverwertung   
  • Neue Geschäftsfelder durch Innovationsförderung und geeignete Rahmenbedingungen erschließen
  • Verlässliche und gleiche Rahmenbedingungen: durch Akzeptanz, Implementierung und konsequenten Vollzug des geltenden Abfallrechts in allen EU-Mitgliedstaaten.  

Der BDI begrüßt grundsätzlich die von der Kommission vorgelegten Vorschläge zur Änderung mehrerer Abfallrichtlinien. So ist es richtig, Siedlungsabfälle, die in vielen Mitgliedstaaten bislang noch auf Deponien abgelagert werden, künftig besser zu verwerten. Bei der Festlegung von Recyclingquoten für diese Abfälle kommt es jedoch entscheidend darauf an, durch eine einheitliche Berechnungsmethode EU-weit vergleichbare Daten zu gewinnen.

Die Höhe der Recyclingquoten muss sich an diesen Daten sowie an dem Ziel einer besseren Qualität von Rezyklaten und Sekundärrohstoffen ausrichten. Die Verantwortung der Hersteller für ihre Produkte ist als ein wirksames Instrument einer im Wettbewerb stehenden, von der Wirtschaft getragenen und daher effizienten Abfallentsorgung zu begrüßen. Bei der Ausgestaltung müssen den Mitgliedstaaten und den beteiligten Wirtschaftsakteuren jedoch angemessene Spielräume verbleiben. Etwaige Mindestanforderungen dürfen etablierte und bewährte Systeme nicht gefährden und zu keinem Mehraufwand für die Wirtschaft führen.

Mehr Recycling für verbesserte Ressourcennutzung

In der Nutzung der haushaltsnahen Abfallströme, die bislang noch überwiegend auf Deponien abgelagert werden, liegt ein großes Rohstoffpotenzial. Daher ist die Beschränkung der Deponierung für diese Abfälle ein gangbarer Weg, um zu mehr Recycling und energetischer Abfallverwertung und der hiermit verbundenen verbesserten Ressourcennutzung beizutragen.

Für die deutsche Industrie ist es entscheidend, dass unbehandelte Siedlungsabfälle nicht auf Deponien beseitigt werden. Eine Ausdehnung von Deponiebeschränkungen darf sich nicht auf Abfälle aus industriellen Prozessen beziehen, die nicht verwertet werden können und für die eine Deponierung deshalb die einzig sinnvolle Entsorgungsform darstellt.  

Bürokratische Doppelbelastungen beseitigen

Die deutsche Industrie unterstützt die Absicht der Europäischen Kommission, einen kohärenten politischen Rahmen für die verschiedenen Aktionsbereiche der EU-Produktpolitik (Ökodesign von Produkten, Umweltkennzeichnung, grünes öffentliches Beschaffungswesen und andere relevante Produktvorschriften) zu schaffen und Redundanzen, die teilweise zu bürokratischen Doppelbelastungen für die Industrie führen, zu beseitigen.

Es muss auch sorgfältig analysiert werden, inwieweit Ressourceneffizienzanforderungen nicht bereits heute durch bestehende europäische Regulierungen wie zum Beispiel zur Verwendung von Stoffen oder zur Behandlung von Elektro-Altgeräten adressiert sind. Außerdem muss bei den einschlägigen gesetzlichen Regelungen stärker auf produktpolitische Kohärenz geachtet und müssen widersprüchliche Vorgaben entsprechend angepasst werden.  

Motivation zum Kreislaufdenken fördern

Die bisherige Umsetzung der Ökodesign-Richtlinie hat vor allem davon profitiert, dass die Durchführungsverordnungen einen klaren Fokus auf robuste und überprüfbare sowie produktspezifische Parameter gelegt haben. Und obwohl die Ökodesign-Richtlinie schon jetzt die Betrachtung aller relevanten Umweltkriterien zulässt, adressieren die Anforderungen aus gutem Grund bisher insbesondere den Energie- und Stromverbrauch von Produkten. Dieser ist als physikalische Größe gut messbar und überprüfbar.

Aspekte wie Recyclingfähigkeit, Reparierbarkeit, Erweiterungsfähigkeit sowie Haltbarkeit sind grundsätzlich zu unterstützen. Allerdings gibt es keine sinnvollen Maßstäbe und Indikatoren, um dies zu messen und deren Einhaltung zu überprüfen. Das Gleiche gilt für ihre erwarteten positiven Auswirkungen auf die Umwelt. Motivation zum Kreislaufdenken in der Wertschöpfungskette ist hier zielführender als verpflichtende Vorgaben.  

Keine neuen Steuern!

Ökonomische Anreize zum Kauf von sogenannten umweltschonenden Produkten über privilegierte Mehrwertsteuersätze lehnt der BDI ab. Es gibt kein definiertes Kriterium, mit dem einheitlich und konkret bestimmt werden kann, was ein umweltschonendes Produkt ist. Zudem würde es das schon jetzt unübersichtliche System der Mehrwertsteuer in Deutschland noch komplizierter machen. Auch der Einsatz von Ressourcen- oder Rohstoffsteuern würde die heimische Industrie im globalen Wettbewerb schwächen, Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland verdrängen und hätte mithin insgesamt keine positive Lenkungswirkung.