In modernen Fabriken wird Abwärme für Heizung und Kühlung genutzt. Damit erreichen Anlagen Wirkungsgrade von 90 Prozent. © Andrei Merkulov/Fotolia

Wir sind Weltmeister der Energieeffizienz

Energieeffizienz heißt Geld sparen. Dazu muss man nur einen alten Kühlschrank gegen einen neuen mit Effizienzklasse „A++“ austauschen und den Stromverbrauch vorher/nachher messen. Eine Messung, die Freude macht – und die vielleicht weiter suchen lässt, wo im Haushalt man wohl noch alte Geräte erneuern könnte.

Energieeffizienz ist ein Thema, das breit unterstützt wird. EU-Kommission, Bundesregierung, Verbraucher, Klimaschützer und Wirtschaft: Alle sind sich einig, dass Energieeffizienz wichtig ist und lohnend, gerade auch für den Erfolg der Energiewende und den Klimaschutz. Die Frage ist nicht, ob mehr Energieeffizienz möglich und auch notwendig ist. Diskutiert wird, welcher der beste Weg zu mehr wirtschaftlicher Energieeffizienz ist und welche Rollen der Politik und der Wirtschaft dabei zukommen.

Die zweite Säule der Energiewende

In der Politik steht Energieeffizienz seit einigen Jahren ganz oben auf der Agenda. Seit 2007 gibt es in der EU das Ziel, das die Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent gesteigert werden soll. 2011 wurde erkannt, dass zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind. Um dies auch tatsächlich zu schaffen, hat die EU dann 2012 die Energieeffizienzrichtlinie beschlossen. 2018 haben sich Europäische Kommission, Europäisches Parlament und Rat auf ein Energieeffizienzziel für die EU geeinigt. Bis 2030 soll die Energieeffizienz um 32,5 Prozent gesteigert werden.

Auch für die Bundesregierung ist das Thema zentral. Sie nennt Energieeffizienz die „zweite Säule der Energiewende“ und will mit einem speziellen Aktionsplan zur Effizienzsteigerung in vielen Bereichen beitragen (NAPE – Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz).

Effizientes Wirtschaften ist seit der Barockzeit Thema

Auch wenn die Politik das Effizienzthema seit einiger Zeit entdeckt hat: Für die Wirtschaft ist es keineswegs neu, sondern hat bereits eine sehr erfolgreiche Geschichte, die weit zurückreicht. Schon im Barock lassen sich Effizienzanstrengungen finden, etwa durch den Nürnberger Baumeister Johann Jacob Schübler mit seiner Schrift über „Holtz ersparende Stuben-Oefen“ (1728) oder das von Friedrich dem Großen 1763 veranstaltete amtliche Preisausschreiben über einen „Stubenofen, so am wenigsten Holz verzehret“.

Seit den 1950er Jahren bis heute hat die deutsche Wirtschaft ihre Energieeffizienz so stark gesteigert, dass für die gleiche Bruttowertschöpfung heute weniger als ein Viertel der Energie von damals benötigt wird. Über die letzten 60 Jahre wurde der „Faktor Vier“ also schon erreicht.

Energieaufwand je 1.000 € Bruttowertschöpfung (preisbereinigt)

Source: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanz, VIK, eigene Berechnung

Die ACEEE erklärt Deutschland zum „Energieeffizienz-Weltmeister“ 2014

Eine schöne Bestätigung hoher Energieeffizienz war es es, als Deutschland 2014, im Jahr der Fußball WM in Brasilien, vom American Council for an Energy-Efficient Economy (ACEEE) auf Platz 1 eines Energieeffizienz-Vergleichs von 16 weltweit führenden Wirtschaftsnationen gewählt wurde.

Auf solchen Erfolgen will die deutsche Wirtschaft aufbauen und das Thema Energieeffizienz auch in Zukunft weiter vorantreiben. Der BDI fordert dabei für eine erfolgreiche Effizienzpolitik die Berücksichtigung u.a. der folgenden Punkte:

  • Energieeffizienzpolitik muss darauf achten, dass Effizienzmaßnahmen wirtschaftlich und realistisch sind. Sie darf nicht dazu führen, dass Industriesubstanz verloren geht und eine De-Industrialisierung befördert wird. Denn die Stärke des Industrielandes Deutschland beruht entscheidend auf seinen geschlossenen Wertschöpfungsketten einschließlich der energieintensiven Grundstoffindustrien. Wenn wir die Energiewende im eigenen Land erfolgreich und innovativ zum Erfolg führen wollen, brauchen wir eine starke Industrie und müssen alles vermeiden, was unsere geschlossenen Wertschöpfungsketten schwächt.
  • Effizienzpotenziale von Unternehmen können ganz verschieden bewertet werden: Das technische Potenzial kann sich deutlich vom wirtschaftlichen, realisierbaren oder realistischen Potenzial unterscheiden. Die Frage nach der Höhe des realistischen Effizienzpotenzials eines Unternehmens kann nur das Unternehmen selbst beantworten. Daher kann auch die Entscheidung über Effizienzinvestitionen allein beim Unternehmen liegen.
  • Im Gebäudebereich geht die Steigerung der Energieeffizienz zu langsam voran, obwohl hier 40 Prozent der Energie in Deutschland verbraucht werden. Hier muss die Politik durch wirksame Anreize bei der steuerlichen Absetzbarkeit energetischer Gebäudesanierungen für eine deutliche Erhöhung der Sanierungsrate sorgen.
  • Das Ziel von Energieeffizienzpolitik muss eine Steigerung der Energieeffizienz sein, nicht das starre Begrenzen des Energieverbrauchs durch Obergrenzen. Denn je nach technischen oder konjunkturellen Entwicklungen kann sich der absolute Energieverbrauch des einzelnen Unternehmens unterschiedlich entwickeln und auch steigen, etwa auch durch neue Umweltauflagen oder ressourcensparendere Verarbeitung.
  • Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland zu bestimmten Zeiten und zunehmend Überschüsse an erneuerbarem Strom, der ins Ausland verschenkt werden muss. Das zeigt: In Zeiten der Energiewende muss man auch Energieeffizienz neu denken: Es sollte nicht mehr nur um Einsparen gehen, sondern um intelligente Nutzung von fluktuierende anfallendem Strom. Überschussstrom also lieber auch „ineffizient nutzen“ als abzuregeln oder wegzuwerfen.
  • Damit wird auch deutlich: Starre Effizienzziele berücksichtigen die Änderungen durch die Energiewende nicht mehr ausreichend. Zudem ist fraglich, ob ein Effizienzziel neben einem Ziel für den EU-Emissionshandel nicht eine Doppelregulierung darstellt. Bei neuen Entwicklungen im Zuge der Energiewende muss es daher möglich sein, bestehende Energiewende-Ziele zu überdenken und auch anzupassen.